Die 1215 als Rozelowe erstmalig urkundlich erwähnte Schifferstadt Roßlau hatte im Mittelalter zwei Kirchen. Die St. Marienkirche am Markt wurde im Jahre 1316 zum ersten Male erwähnt. Die vermutlich ältere St. Niclas-Kapelle erscheint erst bei der Kirchenvisitation von 1534 und war damals schon in einem sehr desolaten Zustand. Sie stand wohl westlich der Burg. Die etwa 1000 Jahre alte Taufglocke in der St. Marienkirche stammt wahrscheinlich aus dieser Kapelle und ist gleichsam die älteste Glocke Anhalts und die älteste Sehenswürdigkeit in Roßlau. Die St. Marienkirche brannte während der Schlacht um die Roßlauer Schanze am 25. April 1626 bis auf die Umfassungsmauern nieder. Für den Wiederaufbau sammelte der Kirchenälteste Nikolaus Hoppe Kollektengelder in fast allen protestantischen Ländern Deutschlands. Fürst Johann von Anhalt-Zerbst erteilte am 21. März 1651 die Erlaubnis zum Wiederaufbau der Kirche. Der 1655/56 errichtete zweite Kirchenbau bestand aus Feldsteinen, der Turm teilweise aus Fachwerk. Maurermeister George Strasburger begann im April 1655 mit der Erhöhung der stehen gebliebenen Mauern und errichtete im Oktober Dachgesims, Giebel und das Dach. Das Sparrenwerk und der Turm wurden von Michel Zilliger, einem Zerbster Zimmermann, errichtet Im Jahre 1656 wurde in Zerbst einen neue Turmuhr angekauft. Mitte des 18. Jahrhunderts war die Kirche für die ständig wachsende Gemeinde zu klein geworden. 1753/54 wurden deshalb die Seitenwände erhöht und in die Kirche Chöre eingebaut. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl in Roßlau rasant an, so dass das Kirchengebäude bald viel zu klein war. Eine im Mai 1849 gebildete Kirchenbaukommission übertrug dem Anhalt-Köthener Baurat Conrad Hengst (Amtsnachfolger von Gottfried Bandhauer) die Entwurfsplanung. Nach Diskussion von vier Varianten entschloss man sich doch für einen kompletten Neubau. Am 15. September 1851 fand in Gegenwart des kunstliebenden Herzogs Leopold Friedrich die Grundsteinlegung statt. Während des Baus, der vom Maurermeister Heinrich Schmidt durchgeführt wurde, fand der Gottesdienst im Saal des Schlosses statt. Am 24. September 1854 konnte die im neogotischen Stil errichtete Kirche eingeweiht werden. 1881 erhielt die Kirche Kanalheizung der Fa. Gebr. Sachsenberg (Roßlau), wofür an der Rückwand des Kirchenschiffes je ein Kohlen- und Heizungsraum eingebaut wurden. Diese wurde 1907 durch eine Niederdruckdampfheizung der Fa. Meyer (Berlin) ersetzt. Die Sakristei wurde im Jahre 1897 angebaut. 1909 wurde die Kirche innen einschließlich der Emporen und des Gestühls durch Malermeister Korn aus Dessau ausgemalt. Diese Ausmalung wurde 1992/93 komplett erneuert. Die gesamte Ausstattung stammt aus der Erbauungszeit und ist im neogotischen Stile ausgeführt. Einige ältere Stücke stammen noch aus dem Vorgängerkirchbau. Besonders sehenswert sind zwei Ölgemälde. Ein Bildnis Martin Luthers, das wohl aus der Werkstatt Lucas Chranachs stammt, und ein ovales Bildnis des nach Luther größten deutschen Kirchenlieddichters Paul Gerhardt. Im südlichen Querschiff der Empore ist das frühere Altargemälde, Christi Himmelfahrt darstellend, aufgestellt. Es wurde von der Frau des langjährigen Roßlauer Oberförsters Friedrich von Hellfeld im Jahre 1915 gemalt. Das Altarkreuz wurde zur Einweihung der Kirche am 24. September 1854 gestiftet. Eine Inschrift am Sockel erinnert daran. Ein weiteres Kreuz aus Messing wurde im Jahre 1911 von den Gebrüdern Sachsenberg gestiftet. Dieses Kreuz befindet sich in der Kapelle unseres Friedhofes. Im gleichen Jahre stifteten Georg und Hedwig Sachsenberg aus Anlass ihrer Silberhochzeit die aus Messing getriebenen Altarleuchter. Als Gegenstück zur Kanzel ist ein Taufstein aus deutschem, poliertem, dunkel- und hellgrau gewolktem Marmor aufgestellt. Das profilierte Becken ist belegt mit breitem umlaufendem Band und mit einem Wappen in Hochrelief, das einen nach rechts steigenden Löwen der Familie Bühlaw darstellt. Die Inschrift in Fraktur lautet: "Gott zu Ehren der Kirch zum Zierath hatt diesen Taufstein Verehren wollen, Johannes Bühlow, und dessenn Ehefraw Catharinia Bühlaws gebohrene von Niendahlin, Rosslau, den 26. Martii, Anno 1668." Seitlich vor dem Westportal unter einem hölzernen Baldachin steht der alte Taufstein. Bereits Ende des 17. Jahrhunderts ist eine Orgel belegt. Diese wurde im Jahre 1808 durch den Zerbster Orgelbauer Franke repariert. Für den Neubau der Kirche baute der Dessauer Orgelbauer Hoff 1853/54 eine Orgel mit 19 Stimmen. Die Orgelbaufirma Fleischer & Kindermann haben sie 1902/03 vollständig überholt und teilweise erneuert (Opus 9), so dass sie jetzt 2 Manuale mit je 9 Stimmen und ein Pedal mit 7 Stimmen hat. Der fünfteilige neogotische Prospekt ist reich bekrönt mit Kreuzblumen und Kreuzen. 1931 wurde die Orgel überholt und gereinigt. Die letzte gründliche Reparatur fand 1994 statt. Über dem Spieltisch der Orgel befindet sich inmitten von Ranken in Schnitzerei der bunte Herzschild des anhaltischen Wappens. Ein gleiches Wappen befindet sich im Mittelfeld des Altars. Das Geläut im Turm der Kirche besteht aus zwei Glocken. Eine Glocke wurde 1695 gegossen. Die andere Glocke, 1952 gegossen, trägt die Aufschrift ihrer Vorgängerin aus dem Jahr 1495, die im 2. Weltkrieg abgegeben werden musste. Die Höhe des Turms beträgt 47 Meter. Im Jahr 2001 wurde in der Kirche eine neue Übertragungsanlage mit Induktionsschleife für Hörgeschädigte installiert. Die Junge Gemeinde gestaltete 2002 den Jugendraum neu. Vom 19. bis 24. September 2004 fand eine Festwoche anlässlich der 150jährigen Einweihung der Kirche statt. Im November/Dezember 2004 wurde eine behindertengerechte Toilette in die Kirche eingebaut und im Januar 2005 der rollstuhlgerechte Zugang zur Kirche fertig gestellt. Im Frühjahr 2007 wurde die Sanierung des Kirchturms abgeschlossen.